Supremebeing | Damian Quinn

 In Culture

Wenn klassisches Schuhhandwerk auf Sneakerkultur trifft, entsteht Spannung – vor allem wenn „limitiert“ sich auf 150 handgemachte Schuhe pro Style bezieht. Wir haben dem Streetwear- und Sneakerlabel einen Besuch in Cambridge abgestattet und Footwear Director Damian Quinn nach seiner Philosophie gefragt. Supremebeing wurde 1999 gegründet und ist mittlerweile mehr als ein Geheimtipp. Besonders sind nicht nur die Produkte, sondern der besondere Spirit, der bei dem ganzen Projekt mitschwingt. Es geht um Menschen, die ihre Kunst lieben, ihre Musik und natürlich auch ihre Freunde. Es ist eine Familie von Freunden, darunter Designer, Maler, Illustratoren oder Musiker – Denker und Macher, die Inspirationen suchen und inspirierende Dinge tun. Die Range von Supremebeing ist noch sehr limitiert, denn man bekommt das Label noch nicht überall. Overexposure ist auch nicht im Sinne der Macher, denn sie sehen alles gelassen – magst du die Sachen, sind sie für dich gemacht. Wenn nicht, dann eben nicht. Noch mehr über die Philosophie von Supremebeing haben wir in einem einzigartigen Gespräch mit dem Footwear Designer der Marke erfahren. Für SNEAKERS erzählt er aus seinem Leben – Damian Quinn in seinen eigenen Worten.

„Es ist kein Zufall, dass 80 % aller großen Sneaker nur Wiederholungen von Silhouetten aus der Zeit vor den 90er Jahren sind. Es liegt daran, dass diese Schuhe von Schuhmachern mit Liebe und Sachverstand gemacht wurden und nicht von Produktdesignern mit einem Briefing vom Marketing- Executive.“

Die Anfänge – „tausche Sneaker gegen Jeans“

Ich habe in Leeds Geschichte und Jura studiert, aber eigentlich nur Party gemacht und auf Kosten des Staats Schuhe gekauft. Irgendwann habe ich mich dann entschlossen, das zu tun, was ich liebe – Schuhe machen. Ich wollte das Handwerk lernen und selbst Schuhe herstellen. Dann bin ich zurück nach London gezogen, habe mich bei Cordwainers in Hackney beworben – ein Schuhdesign und Produktions-College. Ich war ein Jahr lang dort und lernte, Schuhe von Grund auf selbst zu machen. Nach einem Jahr hatte ich dann einen Gehirntumor, der mich natürlich im Schuhe machen „leicht“ bremste und aus der Bahn warf. Nach neun Monaten wurde er dann entfernt, dann verbrachte ich noch weitere neun Monate damit, Geld zu verdienen (sorry, ich kann euch leider nicht sagen womit), verdiente 30.000 Pfund und zog nach Barcelona, um handgemachte Sneaker zu machen – für alle die, die mich danach fragten. Das tat ich dann in meinem Schlafzimmer für ein Jahr. Meine Kunden waren alle möglichen Leute, die ich am Wochenende traf. Ich machte ungefähr 50 Stück, etwa ein Paar pro Woche und bekam dafür was auch immer die Leute mir zahlen wollten. Manchmal ein paar Jeans, manchmal einfach nur eine gute Party. Dann heiratete ich meine wunderschöne aber total durchgeknallte Frau, bekam meine Tochter Cian und musste einen richtigen Job finden. Ich fand eine kleine Fabrik in Barcelona, die schon 60 Jahre lang Sneaker per Hand machte, mit nur fünf Mitarbeitern auf engstem Raum (checkt mal www.mates.es).

Ich verbrachte eineinhalb Jahre damit, zu schneiden, zu nähen, Stoffmuster auszuwählen und so weiter. Ich war ganz normaler Angestellter bei dieser Firma. Dann kam ich zurück nach Cambridge, traf einen befreundeten Sneakerhead, der eine Streetwear-Firma kannte – Supremebeing. Ich traf den Geschäftsführer, zeigte ihm ein paar handgemachte Sneaks und er fragte mich, ob ich nicht Schuhe für das Label machen könnte. Die erste Kollektion machte ich komplett per Hand in Barcelona und zeigte sie auf der B&B 2006 – so fing das an.

„Bringt die alte Schule zurück“

Meine Einflüsse liegen vor allem in der Vergangenheit. Das sind die Sachen, die ich in meiner Jugend liebte – also Nike, adidas, Puma, Reebok, Onitsuka, Cons oder Vans zum Beispiel. Ich meine, zu wissen, warum diese Marken so erfolgreich waren. Von 1890 bis 1980 waren dort einfach leidenschaftliche Schuster am Werk. Das waren Leute, die vom Sport inspiriert waren und nach praktischen Lösungen für die spezielle Beanspruchung suchten, denen Athleten bei ihrem Sport ausgesetzt waren. Bill Bowerman, Adi Dassler, Rudi Dassler, Paul van Doren, Joseph William Foster, Kihachiro Onitsuka oder Marquis M Converse waren solche Pioniere. Seither ist das Schuhmacher-Handwerk in den Händen der Marketing-Typen.Es ist kein Zufall, dass 80 % aller großen Sneaker nur Wiederholungen von Silhouetten aus der Zeit vor den 90er Jahren sind. Es liegt daran, dass diese Schuhe von Schuhmachern mit Liebe und Sachverstand gemacht wurden und nicht von Produktdesignern mit einem Briefing vom Marketing- Executive. Ich will den Designern der großen Firmen überhaupt nichts streitig machen, aber es ging früher einfach nur um den Schuh und den Kunden. Bringt die alte Schule zurück! Die Running- und B-Ball-Shapes der 70er und 80er Jahre stechen die neuen Schuhe komplett aus. Das ist nur meine bescheidene Meinung, sonst nichts. Was Schuhe angeht, ist es immer hart, einen Sneakerträger aus seinen Sneakern zu bekommen. Aus dem Grund versuche ich das eigentlich konstant. Ich mache Highheels für meine Frau, wenn ich Zeit dafür habe. Irgendwann mache ich eine Kollektion daraus, bis dahin ist es wahrscheinlich nur eine Ablenkung.

Faktor Qualität – über die Tugend Geduld

Aber es ist nicht so, dass mich Sneaker langweilen. Im Gegenteil! Ich liebe Sneaker, das ist meine Leidenschaft! Ich trage sie seit 20 Jahren, ausschließlich. Aus genau dem Grund wollte ich schauen, ob ich einen Schuh designen könnte, den meine anderen Sneakerhead-Freunde beim Feiern tragen würden. Das ist viel mehr eine Herausforderung als auszuprobieren, ob man noch so einen Hightop mit Cupsole an einen Fan von Hightops mit Cupsole verkaufen kann. Unser Freund Inja (www. injamusic.com) ist ein Toaster und MC in China, er macht Hip-Hop. Ich habe ihn noch nie in was anderem als Sneaks gesehen – und er rockt meine Schuhe. Das ist schon mal ein Anfang.Ich mache Schuhe, an die ich selbst glaube und von denen ich denke, dass meine Freunde sie anziehen würden. Wenn du auch so denkst, cool. Wenn nicht, kein Problem.

Qualität ist ein großer Faktor. Wenn es nicht jedes Jahr immer besser werden würde, dann müsste ich glaube ich aufgeben und Priester werden oder so. Ich habe das Handwerk von vielen dieser Leute in den Firmen gelernt. Es ist wirklich eine Kunst. Handgemachte traditionelle Schuhe erfordern unglaublich viel Können. Das ist sehr zeitintensiv und man muss sehr genau arbeiten, damit alles passt. Das ist ja auch der Grund, warum sie 2000 Pfund oder mehr dafür verlangen. Geduld ist nicht unbedingt meine Tugend, und die Vielzahl von Prozessen dabei fordert mich immer wieder von Neuem.

Das Prinzip Intuition

Ich designe Schuhe immer nach meiner Intuition. Ich mache, was mir gerade in den Sinn kommt. Ich habe irgendwann herausgefunden, dass zu viel Nachdenken über das, was der Rest der Welt tut, einem schadet. Es beeinflusst die Arbeit negativ und nimmt dir einen Teil der Urheberschaft weg. Designe einfach was du liebst und selbst tragen würdest, glaube daran und verändere ständig alles. Es ist wie Vater sein. Wir sind dazu geboren, unsere Kinder nach unserer Intuition großzuziehen. Meinst du wirklich, man kann ein besserer Vater sein, wenn man alle Bücher auf dieser Welt auswendig kann? Es ist eine konstante Evolution – natürlich und ohne soziale Hindernisse.

Die Ruhe nach dem Erschaffen

Fehler sind auch kein Problem. Fehler sind der Weg zum Erfolg, also sind sie an sich schon wertvoll. Klar, billige Philosophie, meint meine Frau, aber immerhin. Es gibt ein paar Styles, die mich nachts anspringen … Irgendwie als ob du mit der gut aussehenden Mutter deiner Freundin im Bett erwischt wirst. War vielleicht anfangs eine gute Idee, aber irgendwie doch nicht so recht. Das mit den Schuhen muss auf jeden Fall passen – es ist die Voraussetzung, bevor ich mich auf irgendwas anderes voll konzentrieren kann. Dinge zu erschaffen beruhigt mich – also je mehr ich erschaffe, desto ruhiger werde ich und desto weniger stresst mich meine Frau. Die Zukunft sieht auf jeden Fall super aus – auch mit Supremebeing. Wir haben gerade das Go bekommen, in einer tollen Fabrik in Thailand herzustellen. Die haben den Original Reebok Klassik und Princess (UK Heritage) gemacht. Dort einen Runner und Basketball-Sneaks zu machen ist eine große Sache für uns und wir haben acht Jahre gebraucht, um überhaupt dort produzieren zu können – wegen Minimalmengen und Kapital. Das ist der Hammer und wir freuen uns.

– Damien Quinn

Fotos: Dominic Marley

www.supremebeing.com

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